Ich
verzichte auf alle Weisheit, die nicht weinen,
auf alle Philosophie, die nicht lachen, auf alle Größe, die sich nicht beugen kann - im Angesicht von Kindern. |
Sagt
nicht: "Ich habe die Wahrheit gefunden", sondern: "Ich habe eine Wahrheit gefunden." Sagt nicht: "Ich habe den Weg der Seele gefunden." Sagt: "Ich bin auf meinem Weg der wandernden Seele begegnet." Denn die Seele wandelt auf allen Wegen. Die Seele kennt keinen geraden Weg, noch wächst sie wie ein Schilfrohr. Die Seele entfaltet sich, gerade so wie ein tausendblättriger Lotus. |
"Der Mensch besteht aus zwei Teilen: einer wacht in der Dunkelheit, und der andere schläft im Licht." |
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Verzweiflung
trübt unser Auge
und verschließt unser Ohr. Wir sehen dann nur noch die Geister des Verhängnis und hören nur noch das Schlagen unserer beklommenen Herzen. |
Der Maler und Dichter Khalil Gibran wurde 1883 im libanesischen Becharré geboren. Die Jahre zwischen seinem zwölften und siebenundzwanzigsten Lebensjahr verbrachte er abwechselnd in seiner arabischen Heimat, in Europa, wo er sich u. a. in Paris dem Künstlerkreis um Rodin anschloss, und in den USA. 1910 ließ er sich entgültig in Amerika nieder, wo er sich fortan der Erneuerung der arabischen Literatur widmete.1920 gründete er in New York die Arabische Literarische Gesellschaft. Frauen spielten in Khalil Gibrans Leben eine große Rolle, obwohl er niemals heiratete. Mit Mary Haskell, seiner Förderin und Freundin verband ihn die Liebe zur Dichtung. Berühmt war auch seine zwanzigjährige Freundschaft mit May Ziadeh, der er nie persönlich begegnete, sondern ihr seine Liebe in Briefwechseln schwor - eine tiefe Seelenverwandtschaft, die körperlich nie ihre Erfüllung fand. Obwohl Khalil Gibran zunehmend dem Alkohol verfiel konnte er seine beiden letzten Werke "Die Götter der Erde" und "Der Wanderer" noch fertig stellen, bevor er 1931 an Leberzirrhose starb. Seinem Wunsch gemäß wurde er in einer Kapelle des Klosters Mar Sarkis in seinem Geburtsort Becharré beigesetzt. |