Morwenna
erzählte:
»Es war vor langer Zeit, vor vielen, vielen Jahren und einem Tag.
Einer, der suchte, kam an den schweigenden Stein, an einem Tag, da die
Schleier zwischen den Welten sich lichteten. Er fand Eintritt, doch er
verirrte sich in der Dunkelheit. Zäher, dichter Nebel nahm ihm die
Sicht. Der Weg war steil und schlammig, die Last, die er trug, drückte
ihn nieder.
Gebeugt schleppte er sich voran, ohne Ziel, ohne Richtung. Er war ein
starker Mann, ein kräftiger, ausdauernder Wanderer, und er wußte,
er durfte nicht umkehren, ja, noch nicht einmal stehen bleiben. Trotzdem
wurde er müde und seine Kräfte erschöpften sich auf dem
langen Weg. Schließlich strauchelte er, und als er sich mühsam
wieder erhob, beschloß er, einen Teil seiner Last loszuwerden. Er
wühlte und suchte, er wog und wägte, und endlich warf er Zorn
und Ungeduld fort.
Danach
wurde der Weg etwas weniger steil, aber der feuchte, klamme Nebel machte
weiterhin seine Kleider schwer und durch die Dunkelheit leuchtete kein
Licht. Als er wieder rasten müßte und vor Schwäche keuchte,
beschloß er, noch etwas von seiner Last zurückzulassen. Nach
langem Ringen trennte er sich von seinem Ehrgeiz.
Der
Weg wurde eben und trocken, der Nebel hob sich hier und da, aber spitze
Steine drangen durch die Sohlen seines Schuhwerkes und die Last drückte
auf seine Schultern. So warf er seinen Stolz weg und konnte aufrechter
gehen.
Aber die Dunkelheit hielt ihn weiter umfangen. Erst als er weitere Teile
seiner Last aufgab, Ehre, Ruhm und Härte, riß der Nebelschleier
auf und das Licht der Sterne beleuchtete
seinen Weg.
Er
führte ihn an einen Waldrand und dort warteten die Schönen aus
dem Alten Volk auf ihn. Unter dem ewigen Vollmond verbrachte er lange
Zeit und er lernte von ihnen viele Dinge, bis er schließlich den
Wunsch hatte, zurückzukehren in die Welt, die er kannte.
Die
Schönen lachten und zeigten ihm den Weg.
Doch
bevor er ging, brachten sie die Last zu ihm zurück und legten sie
ihm zu Füßen.
»Vieles hast du abgelegt, eines hast du bei uns erworben!«,
erinnerten sie ihn. »Möchtest du es tauschen, bevor du zurückgehst
?«
Der
Wanderer betrachtete, was er gewonnen hatte. Es war ebenmäßig
und schön, schwer lag es in seiner Hand, stählern schimmerte
die Oberfläche.
Es war - die Macht.
Die Schönen hielten ihm eine andere Gabe entgegen. Sie schien über
ihren Händen zu schweben, gläsern, durchscheinend und glatt.
Aus ihrem Inneren leuchtete ein opales Licht. Und sie nannten es - Liebe.
Noch zögerte der Wanderer und es fiel ihm schwer, die Macht aufzugeben,
die er unter so vielen Mühen erworben hatte. Doch schließlich
reichte er mit zitternden Händen den Schönen den stählernen
Glanz.
»Heil dir, Weiser! Nimm nun deine alte Last wieder auf, denn du
brauchst Zorn und Ungeduld, Stolz und Ehrgeiz, Ehre, Ruhm und Härte
in deiner Welt. Doch legst du die Liebe über sie, wird die Last leicht,
und du kannst sie mit dir tragen.«
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