Diese Karte zeigt König Gwynab Nudd
in seinem unterirdischen Reich Annwn.

Er ist in Purpur gekleidet
und trägt eine Krone aus Blei und Onyx.
Ein weißes Schwein mit roten Ohren begleitet ihn.
Die Umrandung der Karte zeigt zwei Drachen,
einen roten und einen grünen,
sowie Eibenzweige.

Die Station dieser Karte im Jahreskreis ist Samhain oder Halloween (»Allerheiligen«): Dies ist der Beginn des Winters und gleichzeitig das keltische Neujahrsfest. Der Jahreskreis ist ein ewiger Zyklus von Geburt, Wachstum, Tod und Wiedergeburt.

Dem keltischen Glauben zufolge muß vor der Geburt der Tod erfolgen - ein natürlicher und wichtiger Teil des Zyklus. In allen Zeitrechnungen ging die Nacht dem Tag voraus, und dementsprechend ist die Samhain-Nacht oder oidhche samhain auch die Nacht vor und nicht nach dem Fest.

Um den Zyklus der Existenz voll zu würdigen, müssen Niedergang und Tod als natürliche Ereignisse akzeptiert werden. Diese Energien werden zu Samhain anerkannt und geachtet.

Samhain ist der Angelpunkt des Jahres.

Für die Kelten war jede Grenze von Mystik erfüllt: Dies konnte ein Ort zwischen Orten sein, etwa der Strand, der zwischen dem Meer und dem Land liegt, oder eine Zeit zwischen Zeiten, wie etwa die Morgen- oder die Abenddämmerung. Es konnte auch die Hexenstunde zu Mitternacht zwischen dem Vortag und dem folgenden Tag sein. Orte und Zeiten dieser Art wurden aufmerksam betrachtet, da man durch sie in die Welt des Jenseits übergehen konnte. Die Zeit, in der eine Jahreszeit in die andere überging, wie etwa Beltane und Samhain, galt als besonders sensibel, da die Welt des Jenseits nahe war - und die Schleier zwischen den verschiedenen Reichen waren dünn.

Samhain ist der Angelpunkt des Jahres und markiert den Übergang von einem zum anderen Jahr.
Die Todesspirale des Jahres verläuft nach innen bis zum Punkt der Erneuerung.

An Samhain ist das Tor zur Unterwelt weit geöffnet, denn die Seelen der Ahnen werden angerufen, um Rat zu spenden. Die Unterwelt erscheint auf der ganzen Erde in vielen Mythologien.

Heute assoziieren wir sie mit der Strafe der christlichen Hölle, aber für die Menschen der alten Zeiten besaß sie noch keine derartigen Anklänge. Vielmehr war sie das geheimnisvolle Reich der Dunklen Göttin und des Herrn der Unterwelt, der innerste Schoß der Erde, aus dem alles Leben entsprang und in den der Geist zur Zeit des Todes zurückkehrte. In der materiellen Welt gab es verschiedene Eingänge zur Unterwelt, beispielsweise Höh-len, Gletscherspalten und Brunnen, die die Helden und Visionäre passieren konnten, um die Geheimnisse der Unterwelt zu erfahren. Psychologisch ausgedrückt kann die Unterwelt auch als das Unterbewußte, das verborgene innere Selbst verstanden werden.

In der Todeskarte begegnen wir dem dunklen Gesicht der Göttin.

Hier in der Karte der Unterwelt treffen wir auf das noch dunklere Gesicht des Gottes.
Er regiert nach seinem Tod beim Erntefest als Herr der Toten, als Beschützer der Seelen, mit denen er dort unten zu verweilen gezwungen ist, da sowohl er als auch sie dort auf ihre Wiedergeburt warten.

Auf der Karte erscheint er in Begleitung eines legendären Schweins.

Das Schwein ist dem Herrn der Unterwelt und der Göttin des Todes heilig. Das irische Wort für »Schwein« lautet orc - davon leitet sich der Name für die schottischen Orkney-Inseln ab, die als Heimat der Totengöttin galten. Dank ihrer sichelförmigen Hauer wurden die Schweine seit jeher mit dem Mond in Verbindung gebracht.

Die Tiere können weiß, rötlich oder schwarz sein und entsprechen damit auch den Farben der drei Mondphasen. Die weiße Phase des zunehmenden Mondes bezieht sich auf die jungfräuliche Göttin, die rote Vollmondphase gehört zur menstruierenden, fruchtbaren Mutter, und die schwarze Phase des abnehmenden Mondes wird von der Göttin der Auflösung und des Todes regiert.
Schweine ernähren sich von totem Fleisch, vermehren sich reichlich, fressen jedoch zuweilen auch ihre eigenen Jungen - ein Symbol für die Göttin der Zerstörung:

In vielen Mythologien wird der Mond während seines monatlichen Zyklus von einem Schwein gefressen.
Einer der Aspekte der Göttin Cerridwen war die Schweinegöttin, die »alte Weiße«.
Sie war einerseits Mutter und Schöpferin, andererseits aber auch die böse alte, verschlingende Hexengöttin.

Ebenso wie die Sau, die ihre eigenen Jungen frißt, nahm auch Cerridwen die See-len ihrer Kinder in ihren Schoß auf, und dort, im Kessel der Inspiration und Wiedergeburt, konnten sie auf eine neue Dämmerung warten.

Das Schwein ist ein Führer zum Wissen der Unterwelt.

In der keltischen Mythologie wurden Schweine sogar als Magier und Propheten verehrt.

Als Krafttier lehrt das Schwein die Weisheit der Dunklen Göttin, der Hexengöttin der Unterwelt, deren Furcht einflößender Aspekt ihre Funktion als Einweiherin ist.

Das Schwein steht oft am Beginn des Einweihungsprozesses und schickt die Kandi-daten auf den Weg in die Unterwelt, in der sie Prüfungen unterzogen werden und mit ihren selbst geschaffenen Ungeheuern konfrontiert werden: mit Ängsten, Blockaden und Hindernissen, die ihre spirituelle und persönliche Entwicklung behindern.

Am Eingang zur Unterwelt steht die Eibe, die in allen europäischen Ländern aus mehreren Gründen als Baum des Todes gilt. Ihre Beeren sind zum einen so giftig, daß sie den Tod verursachen können, und wurden in alten Zeiten verwendet, um Waffen zu vergiften. Zweitens ergibt das Holz dieses Baums, so heißt es, die besten Bögen und Handgriffe für Dolche, und viele alte Friedhöfe sind voll von Eiben.

Und drittens war die Eibe einer der fünf magischen Bäume in Irland, die »Ruhm der Bambha« genannt wurden - dies ist ein Greisinnen- oder Todesaspekt der Dreifachen Göttin.

Die Eibe ist also eng mit dem Tod und den Unterweltaspekten der Greisen Göttin assoziiert, die die Geister in ihrem unterirdischen Schoß beherbergt. Irisehe Könige trugen in den alten Zeiten eine Brosche aus Eibenholz in Form eines Rades: Das sollte sie an den Lauf des Lebensrades und die Unausweichlichkeit des Todes erinnern.

Aber die Eibe ist auch ein Baum der Wiedergeburt aus dem Tod: Während der Kern des Stamms altert und von innen her verrottet, wächst in der absterbenden, schwammigen Masse ein neuer Baum heran.

In der Bretagne heißt es, daß eine Eibe, die in einem Friedhof steht, je eine ihrer Wurzeln bis in den Mund eines jeden Leichnams wachsen läßt.

Diese Wurzel ist ein Symbol des Geistes, der ebenso wiedergeboren wird wie der Baum.

 

Die Umrandung der Karte zeigt zwei Drachen.

Bei den Megalithkulturen symbolisierte der Drache die Energie der Erde:

So genannte Drachenlinien, also energetische Kraftlinien, zogen sich über das Land und sammelten sich hier und da in Spiralen und Wirbeln.
Um ihre Kraft zu verstärken und anzapfen zu können, markierte man sie mit Steinkreisen und Menhiren.

Solche Konzentrationen der Erdenergie erhielten oft Namen, in denen der Drache oder Wurm erscheint, wie etwa Dragon Hill.

Nach der Christianisierung wurden sie Drachentötern geweiht, dem heiligen Georg oder dem heiligen Michael.

In den Mythen bewachen Drachen oft einen Schatz in einer tiefen Höhle:
Hinter diesem Schatz verbirgt sich im Grunde nichts anderes als die Energie der Erde und die Geheimnisse der Göttin - ihre Mysterien des Lebens und des Todes.
Sie bewachen das Schatzhaus des Unbewußten.

zurück