Abgesang
von Reinhard Mey
Grauer Regen fiel zur Nacht, als sie dich nach Hause trugen.
Daß du nicht mehr aufgewacht, bringt die Welt nicht aus den Fugen.
Macht nichts, daß kein Blumenhaufen auf dich ausgeschüttet ist:
Du könntest dafür doch nichts kaufen, wenn du erst da unten bist.
Keine
Seele weint um dich, keine Witwe hinterlassen,
auch die Zechkumpane nicht, die ihr Glas jetzt fester fassen.
Und darauf, daß die Tränen fließen, wartest du bestimmt
umsonst!
Du könntest dafür doch nichts kaufen, wenn du erst da unten
wohnst.
Du
hast keine Zeit gehabt, ein Testament zu verfassen.
hast ja niemals was gehabt, hast auch nichts zu hinterlassen.
Und so hält kein Nachlaßverwalter gleich nach deinem Tod Gericht
und sucht bei dir,
guter Alter, was was wert ist und was nicht.
Schließlich
beim jüngsten Gericht gibt es auch das Recht der Armen,
und das ist so übel nicht. Weißt ja: selig sind die Armen.
Hättest du auch ganze Haufen Ruhm und Ansehen, Gold und Glanz,
du könntest doch keinen Anwalt kaufen zum Prozess bei der Instanz.
Aus
sechs Brettern rohem Holz wird man dir ein Häuschen bauen.
Wär ich Gott, ich wär nicht stolz, selbst den Tod dir zu versauen.
Aber laß mal, ohne Gepränge,
ohne handgestickte Pracht ist's dafür nicht ganz so enge auf der
Reise in die Nacht.
Einem
Pferd, schon altersschwach, vor dem morschen Leiterkarren folgt ein Totengräber
nach,
dich im Sande zu verscharren.
Der Pfarrer konnte heut' nicht kommen, er hat ja so wenig Zeit.
Da bringt der Teufel halt den Frommen an den Zug zur Ewigkeit.
Im
Grunde macht dein Tod mich froh,
denn noch schlimmer als auf Erden kann's beim besten Willen nicht in der
Hölle für dich werden.
Und jetzt, wo sie dich begraben, tönt vom Kirchturm her Gebimmel.
Alter Freund, mit Hölle ist's nichts: Jede Wette, du kommst in' Himmel!
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