Der Ehe-Ring Die
Erforschung seines Ursprungs führt uns zurück zu altem Aberglauben,
zur Magie und der Sitte des Brautraubs. Er hatte den praktischen Zweck,
sich einen kostbaren »Besitz«, nämlich die Braut, zu
sichern, und zugleich symbolische Bedeutung. In der Hieroglyphenschrift
der alten Ägypter bedeutete der Kreis Unendlichkeit, und die Ehe
wurde als unauflösliche Verbindung angesehen. |
Dementsprechend bedeutete die Übergabe des Siegelrings an die Ehegattin, dass sie nun die Verantwortung teilte und als gleichberechtigte Partnerin in der Leitung des Hauses anerkannt war. Die Kreisform dieses Siegels war ein Zeichen dafür, dass es eine Verbindung von Dauer sein sollte. Der christliche Gebrauch des Ringes wurde zum erstenmal von Papst Nikolaus im 9. Jhdt. erwähnt. Nachdem ihn die Kirche übernommen hatte, war er nicht mehr lediglich das Zeichen einer neuen »Geschäftsbeziehung«; er wurde zu einem Pfand der Treue und zum Zeichen eines geheiligten Bundes. Seine Kreisform symbolisierte jetzt »die Ewigkeit, Beständigkeit und Lauterkeit der Liebe«. Er sollte die Ehefrau - und Außenstehende - ständig an die Heiligkeit der Ehe erinnern. Da der Kreis Harmonie und Vollkommenheit versinnbildlicht und, geometrisch betrachtet, endlos ist, zeigte der Ring die Unauflöslichkeit der Ehe an und erinnerte die Eheleute, dass ihre Liebe und Zuneigung von einem zum anderen wie in einem Kreise unaufhörlich und ewig fließen sollten. Die Psychoanalyse mit ihrer anfänglichen sexuellen Deutung fast aller Dinge im Leben sah im Ringfinger ein Symbol des männlichen und im Ring eines des weiblichen Prinzips, die in der Ehe vereinigt wurden. Der Ringfinger Die Wahl des Ringfingers hat verschiedene Ursachen, zweifellos ist sie jedoch heidnischen Ursprungs. Abgesehen von einigen etwas romantischen Erwägungen, liegen ihr ein anatomischer Irrtum, ein Überrest der angeblichen Unterlegenheit der Frau, das Dogma der Dreieinigkeit und einige »Sicherheitsmaßnahmen« zugrunde. Die alten griechischen und römischen Anatomen glaubten, eine Ader oder ein Nerv führe direkt vom Herzen zum dritten Finger, den wir als Ringfinger bezeichnen. Er wurde früher auch als »heilender« Finger beschrieben, denn die Ärzte des Altertums pflegten mit diesem Finger ihre Arzneimischungen umzurühren, im Glauben, eine schädliche Substanz in ihrer Mixtur würde ihnen mittels der direkten »Leitung«, die vom Finger zum Herzen führe, sofort bewusst werden. Es war deshalb kein Wunder, dass dieser Finger auch für Herzensangelegenheiten eine Bedeutung hatte. Als man später erkannte, dass die zur Begründung herangezogene anatomische Vorstellung auf einem Irrtum beruhte, wurde auf Grund anderer Überlegungen der Ringfinger weiter zum Tragen des Eherings benutzt. Nur auf praktischen Überlegungen basiert die Erklärung, dass der dritte Finger am wenigsten gebraucht wird und deshalb für diesen Zweck besonders geeignet ist. Der dritte Finger ist auch derjenige, an dem ein Ring am meisten auffällt. Ein Ring an diesem Finger konnte am wenigsten durch eine besondere Fingerstellung oder Handhaltung versteckt werden. Überlegung dürfte mit Sicherheit wenn nicht schon die Wahl des Ringfingers, dann gewiss seine Beibehaltung für diesen Zweck bestimmt haben: Jeder andere Finger kann unabhängig von den übrigen vier gestreckt werden, während dies bei dem dritten Finger kaum möglich ist. Die benachbarten Finger bewegen sich dabei mit. Die Wahl des dritten Fingers als Ringfinger ist also gleichzeitig eine gute Sicherheitsmaßnahme, da von einem gewöhnlich leicht gebeugten Finger, der außerdem beim Strecken von seinen Nachbarn begleitet wird, ein Ring nicht so leicht heruntergleiten kann. Heutzutage wird bei der Trauung der Ring sofort an den dafür bestimmten Finger gesteckt. Dies war jedoch nicht immer der Fall. Nach altem Kirchenbrauch, der noch im 16. Jahrhundert üblich war, wurde der Ring zuerst auf den Daumen gesteckt. Der Bräutigam schob ihn zuerst auf das erste Daumenglied und sprach dazu die Worte: »Im Namen des Vaters.« Während er dann »Im Namen des Sohnes« aussprach, nahm er ihn vom Daumen und schob ihn auf den Zeigefinger. Bei den Worten »Und des Heiligen Geistes« schob er den Ring auf den Mittelfinger, und erst dann kam mit dem Wort »Amen« der Ring auf den Ringfinger, und die Ehe war geschlossen. |