Die Mondgöttin, die wir ein halbes Leben oder länger verleugnet haben, kann zu einer wütenden Gorgone geworden sein, einer Medusa, deren Zorn oft zu erschreckend ist, um ihm ins Gesicht zu sehen. Das verletzte Kind in uns, das von klein auf geschlagen und zum Schweigen gebracht wurde, mag unter den Schutzmechanismen zum Vorschein kommen und uns einer Qual aussetzen, die größer ist, als wir zu ertragen vermögen. Es bedarf eines bewußten und heiligen Aktes, sich dem lunaren Wesen in uns hinzugeben. Wenn wir immer wieder von Emotionen und Instinkten überwältigt werden, ohne bewußte Wahrnehmung und Wahl, kann das zum Wahnsinn führen. Aber, wenn wir ein wenig Wahnsinn zulassen, um in seinem Kern eine tiefere geistige Gesundheit wiederzufinden, verbinden wir Unbewußtes mit Bewußtsein und fangen an, ganz zu werden. Wenn dies unsere Aufgabe ist, müssen wir langsam vorwärtsgehen und die Unterstützung von Freunden und Helfern erbitten, die unsere Suche verstehen und schon das Einfühlungsvermögen und Mitgefühl der Mondgöttin besitzen. Wir müssen inneren Rückhalt in Form von Glauben und Vertrauen pflegen. Jedes verlorene Teil von uns, ungeachtet, wie erschreckend oder häßlich es erscheinen mag, wenn wir darauf stoßen, verwandelt sich, wenn wir es willkommen heißen und wieder eingliedern. Der Schmerz läßt uns schmelzen und öffnet unsere Herzen; die Wut gibt uns Kraft. Willig gehen wir durch jeden Anfall von Schmerz und Wut, ergeben uns ihm, und entscheiden uns loszulassen, damit seine Magie auf uns wirken kann. Indem wir die verwundeten und wütenden Instinkte anerkennen, indem wir die Bestien in uns lieben, nehmen wir sie an und erwecken ihre heilenden Fähigkeiten. Was wir am meisten in uns fürchteten, wird zu unserer wertvollsten Stärke und das Tor zu unserem vollständigen Wesen. In dem Buch Woman 's Mysteries beschreibt Esther Harding die Wiederentdeckung der Instinkte als eine Reise auf dem Boot der Mondgöttin: Die Erlösung wird durch eine neue Haltung gegenüber der instinktiven Kraft gefunden, mit der Erkenntnis, daß sie in sich selbst nicht menschlich ist, sondern zu übermenschlichen oder göttlichen Ebenen gehört.Das Boot der Göttin zu betreten bedeutet, den Ansturm des Instinktes in einer religiösen Weise zu akzeptieren, und zwar als Manifestation der schöpferischen Lebenskräfte an sich. Der Instinkt kann nicht langer als ein Wert betrachtet werden, der zum Vorteil des persönlichen Lebens ausgebeutet wird; stattdessen muß erkannt werden, daß sich die Persönlichkeit, das Ego, den Forderungen der Lebenskraft als einem göttlichen Wesen unterordnen muß.