Da hat "Bruder Paulus es mal wieder auf den kirchlichen Punkt gebracht.

In der Bild-Zeitung schrieb der Kapuzinerpater auf die Frage, ob Tiere einen Geist oder eine Seele haben:

"Tiere haben weder Geist noch Seele. Sie haben keine Gefühle. Sie gehorchen, weil sie dressiert worden sind."

Damit gibt der Pater die Lehre der katholischen Kirche korrekt wieder, die in ihrem Katechismus sogar davor gewarnt, Tiere genauso zu lieben wie Menschen, und die unter anderem Tierversuche und Massentierhaltung rechtfertigt.

Die Kapuziner sind eine Weiterentwicklung der Franziskaner, berufen sich also auf Franz von Assisi, der die Tiere liebte. Franziskus hätte die Frage sicher anders beantwortet. Allerdings war er auch stark "häretisch" angehaucht.

Der angeblich von ihm gegründete Orden wurde ihm untergejubelt, und seine ersten Schüler, die"Spiritualen", wurden zu Hunderten auf den Scheiterhaufen der Inquisition verbrannt, weil sie seine Lehre vom einfachen Leben im Einklang mit der Natur ernst nahmen.

Ein Kennzeichen, an dem die Inquisitoren einen "Ketzer" erkennen konnten, war z. B. die Weigerung, ein Tier zu töten oder Fleisch zu essen.

Heute hat die Grausamkeit des Menschen gegen die Tiere ausgerechnet im "christlichen Abendland" einen Höhepunkt oder vielmehr Tiefpunkt erreicht.

Auch die Tiere gehören zu den Opfern der Kirche. Was würde Jesus von Nazareth dazu sagen?

Ergebnis dieser Katechismus-Moral:

Jedes Jahr werden allein in Deutschland 1,5 Millionen Tierversuche, meist mit tödlichem Ausgang, durchgeführt (Der Spiegel 40/99), weltweit etwa 800 Millionen.
250 Millionen Tiere werden jährlich weltweit über weite Strecken unter teilweise grausamen Bedingungen transportiert, 25 Millionen in Europa. 10% der Tiere überleben den Transport nicht. Für jedes auf diese Weise exportierte Rind zahlen die Steuerzahler der EU etwa 350 Mark Exportsubvention!

Weitere Millionen Tiere vegetieren unter erbärmlichen Bedingungen in industrieller Massentierhaltung ihrem Tod im Schlachthaus entgegen. Jahrelang mussten Pflanzenfresser die Überreste ihrer Artgenossen in Form von Tiermehl essen. Das naturwidrige Verhalten des Menschen bescherte uns auch BSE.

Dies ist nicht zuletzt auch auf diese gefühllose Haltung der Kirchen zurückzuführen, die dagegen nie Einspruch erhoben haben und heute noch lehren, man dürfe Tieren »nicht die Liebe zuwenden, die einzig Menschen gebührt.« Auch die lutherische Kirche bezieht keine klare Stellung.

Wie könnte sie auch: Sie beruft sich, wie die katholische, auf die »Bücher Mose«, wo - vor allem im 3. Buch Mose - haarsträubende Einzelheiten darüber nachzulesen sind, wie die Priester Tiere schlachten und deren Blut am Altar verspritzen sollen, »zum beruhigenden Duft für den Herrn.«

Mahnmal Aktuell 1/01

KIRCHE und TIERSCHUTZ

Ansprache von Herrn Prof. Dr. theol. Erich Grässer, Ordinarius für Neues Testament an der Universität Bonn.

Meine Damen und Herren, liebe Tierschützer

Dr. Andreas Grasmüller, der Vorsitzende des Deutschen Tierschutzbundes, hat einmal gesagt: "Tierschutz ist kein Anlass zur Freude, sondern eine Aufforderung, sich zu schämen, dass wir ihn überhaupt brauchen."

Diese Scham wird von den christlichen Kirchen nicht geteilt. Diese unsere christliche Gesellschaft in diesem unserem christlichen Abendland lebt in einer beispiellosen Ehrfurchtslosigkeit vor der Schöpfung. Vom Robbenschlachten im hohen Norden bis zum Vogelmord im Süden, von der Vernichtung der Regenwälder im Westen bis zur Ausrottung der Wale in den fernöstlichen Meeren, auf der ganzen Linie liefert der Mensch den Beweis, dass es nie eine heuchlerischere Anmassung gab als die, sich selbst "Krone der Schöpfung" zu nennen. In Wahrheit ist der Mensch ihr gefährlichster Ausbeuter und ihr grösster Zerstörer. Und der Würde des Menschen, diesem hohen Verfassungsgut, dessen Unantastbarkeit unsere Politiker so gerne betonen, schlägt die gigantische industrialisierte Massentierquälerei brutal ins Gesicht. Es ist kein Zeichen von Menschenwürde, schwächere Lebewesen auszubeuten und zu quälen. Tiere sind schwach. Wenn wir ihre Schwäche ausnutzen, wenn wir mit ihrem unnötigen Leiden und mit ihrem unnötigen Sterben unseren Wohlstand und unseren Luxus mehren, wenn wir für jeden beliebigen Nutzen jedes beliebige Tieropfer fordern, dann haben wir unsere Menschenwürde verspielt und verdienen es nicht, eine sittliche Rechtsgemeinschaft genannt zu werden.

Und die Kirchen? Was ist mit Kirche und Tierschutz? Ich muss an dieser Stelle deutlich werden: Wenn einst die Geschichte unserer Kirche geschrieben wird, dann wird das Thema "Kirche und Tierschutz" im 20. Jahrhundert darin ein ebenso schwarzes Kapitel darstellen wie einst das Thema "Kirche und Hexenverbrennung" im Mittelalter. Und so, wie die Kirchen im 19. Jahrhundert bei der sozialen Frage versagten, und die Arbeiter aus der Kirche heraustrieben, so versagten sie heute im Tier- und Naturschutz und treiben die Tierschützer aus der Kirche heraus. Denn für Tierschutz hält sich die Kirche nicht für zuständig. Kirche sei für die Menschen da. Aber dieser Mensch ist doch gerade nach biblischer und kirchlicher Lehre ein Geschöpf Gottes inmitten anderer Geschöpfe Gottes. Er lebt als Geschöpf in der Schöpfung. Noch deutlicher: Er hat von Gott her das Amt, Haushalter und nicht Ausbeuter der göttlichen Schöpfung zu sein. Allmählich gewinnt die Kirche diese Einsicht zurück, wie das jüngst von beiden Kirchen herausgegebene Dokument "Verantwortung wahrnehmen für die Schöpfung" beweist.

Aber viel zu lange hat auch die Kirche statt vom Heil der Schöpfung nur vom Heil des Menschen gesprochen, und damit jene Grundeinstellung gefördert, die da sagt: Wir Menschen sind alles, alles andere ist nichts. Die gnadenlosen Folgen dieser Einstellung, die den Menschen zum höchsten Wesen übersteigert, die Natur aber zum frei disponiblen Objekt entwertet, bekommen wir immer deutlicher zu spüren. Die Ressourcen schwinden, die Böden versauern, die Gewässer verfaulen, die Lüfte verpesten, die Wälder sterben, die Wüsten wachsen, die Äcker und Tierbestände schrumpfen, nur die Menschheit wächst und wächst. Ein globaler ökologischer Kollaps ist nicht mehr nur Alptraum ängstlicher Gemüter, er ist möglich.

Weltuntergang, na und? In unzähligen Dokumenten betonen die Kirchen ihre "Friedensverantwortung", die allein auf den Menschen beschränkt bleibt. Auf dem Kriegsschauplatz Natur dagegen und in dem Verbrecherstück der industrialisierten Tierquälerei tritt die Kirche nicht einmal als Samariter auf. Da ist sie Priester und Levit. Da geht sie vorüber. Sie vergisst den Ersten Artikel des Glaubensbekenntnisses, den Martin Luther mit den Worten erklärt hat: "Ich glaube, dass mich Gott geschaffen hat samt allen Kreaturen." Die hier noch gewahrte Ganzheit der Schöpfung ist kirchlich allenfalls Lippenbekenntnis. In der Ethik entspricht ihm jedenfalls nichts. Veruntreuung der Schöpfung aber ist heute jene Sünde wider den Heiligen Geist, die nach dem Markusevangelium (3.29) die unvergebbare heisst. Die Ehrfurcht vor allem Lebendigen, diese im Namen des dreieinigen Gottes ureigenste Domäne, überlassen die christlichen Kirchen den Natur- und Tierschützern, die sich dafür von den Regierenden als Weltverbesserer und Phantasten im grünen Mäntelchen verspotten lassen müssen. Von der Kirche dürften sie jedoch unter keinen Umständen so behandelt werden. Vielmehr müsste diese hier selbst Partei ergreifen, und der stärkste Anwalt der Ehrfurcht vor allem Lebendigen sein.

Dass man Franz von Assisi verehrt und Albert Schweitzer als Genie der Menschlichkeit feiert, genügt hier nicht!
Woher kommt diese Tiervergessenheit in der Kirche? Nun, es liegt daran, dass die Ethik, die theologische wie die philosophische, meint, sie habe es nur mit dem Verhalten des Menschen zum Menschen und zur Gesellschaft zu tun. Das von Albert Schweitzer gewählte Bild ist deutlich: "Wie die Hausfrau, die die Stube gescheuert hat, Sorge trägt, dass die Türe zu ist, damit ja der Hund nicht herein komme und das getane Werk durch die Spuren seiner Pfoten entstelle, also wachen die europäischen Denker darüber, dass ihnen keine Tiere in der Ethik herumlaufen." Was sie sich an Torheiten leisten, um die überlieferte Engherzigkeit aufrechtzuerhalten und auf ein Prinzip zu bringen, grenzt ans Unglaubliche. Entweder lassen sie das Mitgefühl gegen Tiere ganz weg oder sie sorgen dafür, dass es zu einem nichtssagenden Rest zusammenschrumpft.

Was wir heute erleben, ist ein mit dem Rechenstift ausgeklügeltes schreckliches Höllenspiel, in dem wir unsere Nutztiere in der Massentierhaltung zu Tiermaschinen herabstufen. Die Übermenge an Eiern, Fleisch und Butter, die die westlichen Wohlstandsgesellschaften auf diese Weise produzieren, ist mit menschenunwürdiger Tierquälerei bezahlt. Gegenüber dieser überall straflos praktizierten Ungeheuerlichkeit liest sich Albert Schweitzers Ethik der Ehrfurcht vor dem Leben wie eine Botschaft von einem anderen Stern. Und eine Kirche, die zu dem allem schweigt, erklärt damit den Bankrott ihrer Barmherzigkeitspreidigt!

Dabei ist die Ethik der Ehrfurcht vor dem Leben biblisch. Die Bibel Alten und Neuen Testamentes ist voller Zeugnisse von Gottes Fürsorge für alle Geschöpfe. Weil das Gutsein zu den Tieren eine Selbstverständlichkeit ist, darum hat man das Zentrum des christlichen Glaubens, die Dahingabe des Lebens Jesu für die Sünden der Menschen, mit dem Bilde vom guten Hirten umschrieben:

"Ich bin der gute Hirte, der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe."

Quelle: Arbeitskreis gegen Vivisektion Interlaken