... aber nicht nur die Bewaffnung mußte beim Menschen entwickelt werden.

Auch  seine Sozialstruktur und Lebensweise änderte sich, als er zum Jäger wurde. 
Die Jagd auf wehrhaftes Großwild mußte organisiert und planvoll ausgeführt  werden und dafür war eine komplexe Kommunikationsstruktur und eine feste  Rangfolge in der Gemeinschaft notwendig.

Auch Schimpansen und Paviane  jagen hin und wieder kleineres Wild (auch mit Hilfe von Waffen, wie  Knüppeln, Steinen usw.), aber der Mensch ist die einzige Primatenart, die  Beute jagt, die wesentlich größer ist als er selbst. 

Die Familienstruktur wurde zu einem festen Band, in der jeder seinen Rang  und seine Aufgabe hatte. Die lange Entwicklung der Jungen erforderte die  Hilfe aller Stammesmitglieder. Das Jagdrevier mußte Markiert und gegen  Eindringlinge verteidigt werden.

Beim Menschen geschieht das natürlich optisch.
Beim Wolf durch Geruchsmarken.

Die Lebensweise eines  Steinzeitstammes und eines Wolfsrudels ist in vielen Einzelheiten sehr  ähnlich: 

Wolf und Mensch sind Rudeljäger auf Großwild 
Wolf und Mensch jagen planvoll und gut organisiert 
Wolf und Mensch erlegen im Team Beute, die wesentlich größer ist, als sie selbst 
Wolf und Mensch leben in einem festen Familienverband 

Bei Wolf und Mensch gibt es eine soziale Rangfolge 
Bei Wolf und Mensch gibt es eine große Anzahl von Aggressions- und Unterwürfigkeitsgesten 
Bei Wolf und Mensch kann es zu Rangstreitigkeiten kommen 
Bei Wolf und Mensch kümmern sich alle Rudelmitglieder um die Aufzucht der Jungen 

Wolf und Mensch haben eine komplexe Laut- und Körpersprache 
Wolf und Mensch markieren ihre Reviere (Geruchlich/Optisch) 
Wolf und Mensch verteidigen ihrer Reviere gegen Eindringlinge 

Verhaltensforscher wie z.B. Desmond Morris haben auch herausgefunden,
daß  unsere natürlichen Verhaltensweisen bis heute, oft nur versteckt, in uns  weiterleben: 

Was ist ein Betonpfahl mit Staatswappen an einer Landesgrenze nicht  anderes als der Hinweis "Halt! Hier Reviergrenze!" 

Wodurch unterscheidet sich die stolz hochgetragene Rute eines Alphawolfs  von den stolz zur Schau gestellten Schulterstücken und Goldlitzen eines  Militärgenerals? 

Warum machen wir uns klein," ziehen den Schwanz ein", senken den Kopf und  nehmen allgemein eine unterwürfige Haltung ein, wenn unser Firmenboss uns  eine "Standpauke" hält?

 
Warum wirkt die unterwürfige Haltung eines anderen (unter normalen  Umständen) auf uns Aggressionshemmend? 

Warum werden wir wütend und Aggressiv, wenn ungebetene Gäste unser  Grundstück (Revier) betreten? 

Warum sind Onkel, Tanten, Verwandte, Opas, Omas usw. von Nachwuchs in der  Familie immer so begeistert, geben tausend gute Ratschläge zur "Aufzucht"  und wollen am liebsten selbst mithelfen? 

Warum gibt es in unseren Firmen Bosse (Alpha), Abteilungsleiter (Beta),  Sachbearbeiter (Unterwürfig) und manchmal auch einen "Firmendeppen" zum  mobben (Omega)? 

Wo kanalisiert sich unser natürlicher Jagdtrieb? In Sport und Spiel. 

Viele Spiele (und erst recht fast alle heutigen Computerspiele) drehen sich ums  Jagen, Gefahren meistern, Aufgaben lösen. (Das Wort "Game" bedeutet im  Englischen übrigens nicht nur "Spiel", sondern auch "jagdbares Wild"!). 
(Inhaltlich aus: "Der nackte Affe" von Desmond Morris). 
 

Wahrscheinlich sind es diese großen Übereinstimmungen der Lebensweisen,  die es erst möglich gemacht haben, daß sich Wolf und Mensch irgendwann vor  undenklichen Zeiten zusammengetan haben, und im Laufe von Jahrtausenden  aus Canis lupus schließlich Canis lupus familiaris wurde; unser heutiger  Hund. Wann und wie genau dieses Zusammentreffen stattfand, wird wohl auf  ewig im Dunkel der Geschichte verborgen bleiben. Jedenfalls profitierten  beide Parteien von dieser "Konföderation". 
 

Die Menschen nutzten die feinen Sinne des Wolfs zum aufstöbern von Wild und als "Frühwarnsystem" vor Gefahren. Die Wölfe hingegen profitierten von den ausgeklügelten  und erfolgreichen Jagdtechniken der Menschen. 

Eigentlich wissen wir erstaunlich wenig über diese bewundernswerten Tiere...

Von Geburt an zeigen sie eine individuelle Persönlichkeit und bestimmte  Vorlieben. Die ausdauernden Tiere nehmen keine Rücksicht auf menschliche  Ängste oder Grenzen - sie wandern da hin, wo es etwas zu fressen gibt. 
Wölfe müssen zäh sein. Sie leben nicht nur an den unwirklichsten Orten der  Erde, sie müssen auch die Nachstellungen des gefährlichsten Wesens dieses  Planeten überstehen - des Menschen. 

1. Heulen 

Am bekanntesten ist das Heulen. Wenn mehrere Wölfe heulen, harmonisieren  sie den Klang, so daß der Eindruck erweckt wird, als ob viel mehr Wölfe am  Geheul teilnehmen, wie es wirklich sind. Wölfe können auch im Sitzen oder  im Liegen heulen. Offensichtlich dient das Wolfsgeheul dem Rudel, vor  allem vor und nach der Jagd, als Rufzeichen, sich zu versammeln. Ferner  wird es im Umfeld der Höhle als Alarmzeichen benutzt, außerdem als Signal  in einem Schneesturm und während des Aufenthalts in Fremdgebieten oder  einfach als Kontaktruf über größere Entfernungen. Es gibt keinerlei  Anhaltspunkte dafür, daß Wölfe den Mond anheulen oder bei Vollmond mehr  heulen als sonst. 

Wolfsrudel beim Heulen. 
Das Heulen dient verschiedenen Zwecken. 
Häufig scheinen Wölfe aber auch nur aus "Spaß an der Sache" zu heulen.  Besonders vor und nach der Jagd. Offensichtlich dient das Heulen auch dem  Zusammenhalt des Rudels und der "akustischen" Reviermarkierung um anderen  Wölfen mitzuteilen: "Halt! Hier ist unser Revier!" 

(Auch unsere Hunde, die ja vom Wolf abstammen, können lange und ausdauernd  Heulen. In meiner Nachbarschaft wurde vor einigen Jahren ein Schäferhund  gehalten. Alleine im Zwinger, vernachlässigt und einsam fing er jedesmal,  wenn die Feuerwehrsirenen losheulten, an zu "Antworten". Oft noch 10  Minuten nach dem Verstummen der Sirenen heulte das arme Tier weiter und  wartete verzweifelt auf eine Antwort des "Rudels"). 

 

2. Bellen 

Wölfe bellen kaum. Wenn sie bellen, so sind nur leise Wuff-Töne  vernehmbar, wogegen ein Hund laut kläfft. Ein Hund bellt andauernd. 
Wölfe geben nur kurze, leise ausgestoßene Wuffs von sich, zum Beispiel, wenn ein  Fremder sich der Höhle nähert. Das Bellen dient in diesem Fall als  Hilferuf, um das Rudel im Revier über die Gefahr bei der Höhle zu 
unterrichten. Allerdings können Wölfe, die zusammen mit Hunden  aufgewachsen sind, durchaus häufiger Bellen und weit weniger Heulen als  ihre wilden Verwandten. 

3. Knurren

Das Knurren ist häufig bei der Futteraufnahme und den dabei vorkommenden  Streitereien zu hören. Es dient der Selbstbehauptung innerhalb der  Gemeinschaft, und ist, wie das Bellen, eine Drohgebärde. Es wird aber eher 
von den spielenden Welpen gebraucht. Sie knurren, wenn sie an der  Halskrause eines liegenden Wolfs zerren, und versuchen sogar manchmal, mit  ihrem Knurren einem erwachsenen Wolf das Fressen streitig zu machen. Eine  besondere Art des Knurrens fängt mit einem hohen Jaulen an und endet meist  mit einem Sprung nach vorn. Es wird eingesetzt, wenn ein Wolf nach einem  anderen schnappt. 

Verhaltenswissenschaftler haben vor allem das Jaulen und die gemeinschaftlichen  Winseltöne der Wölfe als interessante Forschungsgebiete entdeckt. 
Bei ihrer Forschungsarbeit stellten sie fest, daß diese Laute von den Wölfen  eingesetzt werden, um Vertrautheit und Intimität auszudrücken,  zum Beispiel beim Grüßen, Füttern, Spielen oder in ähnlichen Situationen. 



Wölfe: erschossen - in Fallen gefangen - vergiftet - vom Menschen gejagt 

Doch immer wieder sind die anpassungsfähigen Jäger für eine Überraschung  gut. Es ist schon traurige Ironie, dass Wölfe uns jahrhundertlang verhasst  waren und ihr Abkömmling, der Hund unser treuester Begleiter wurde. 
Dabei sind seine geschätzten Eigenschaften: Aufmerksamkeit, Intelligenz,  Anhänglichkeit direktes Erbe seiner wilden Vorfahren. 

Auch wenn wir in den wilden Rudeltieren so manche Ähnlichkeit 
mit uns selbst zu erkennen meinen, bleiben sie uns doch wesensfremd... 


 
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