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Zsuzsanna
E. Budapest
Über den Besen springen
In meinem Leben macht mir die Rolle der Priesterin,
der Medea, der Medizinfrau am meisten Freude. Ich habe in meiner Eigenschaft
als Medea Gedenkfeierlichkeiten für Verstorbene abgehalten, Häuser
und Kinder gesegnet.
Ich habe viele politische Zauber mit sehr großen
Gruppen, Frauen wie Männer, gewirkt und Rituale vollzogen, um die
Erde zu heilen. Mein neuestes Projekt ist die Entstehung von »IchgelobederErdeKreisen«,
wo wir einander geloben, unsere Gasflaschen der Wiederverwertung zuzuführen,
ebenso wie Plastikbeutel und Zeitungen usw. als heiliges Versprechen.
Wenn jemand ein begeistertes Versprechen abgelegt
hat, singen wir alle: »So ein braver Erdling!«
Der Hauptteil meiner Arbeit als Medea aber sind
Hochzeiten. Ich liebe Hochzeiten wie die meisten Frauen.
Ich liebe es, mich in mein Purpurgewand zu kleiden,
meinen Kopf mit Blumen zu bekränzen, die Hochzeitsgesellschaft zu
treffen, die üblicherweise am Ende ihrer Nerven angelangt ist und
sie zu beruhigen, ihnen ihre Rollen zuzuweisen und das Ritual zu erklären
und dann mit allen Familienmitgliedern das Ritual durchzuführen
immer etwas anders für jedes Paar, für jede Hochzeitsgesellschaft.
Ich will über Hochzeiten sprechen, weil
die Heirat für Frauen das beladenste Symbol und das gefühlsmäßig
am meisten geladene Ritual ist, das es gibt.
Manchmal ist sie das einzige herausragende Ritual
im Leben einer Frau.
Das Patriarchat hat alle anderen eliminiert wie
das des nahenden Alters, das Fest ihrer ersten Menstruation, die sicher
ebenso bedeutsam ist wie eine Heirat und deren Auswirkungen länger
anhalten als die meisten Beziehungen.
Sie hat nicht mehr das Ritual, das sie als Königin
ehrt, wenn sie als Frau erblüht, die die Arbeit der Göttin in
der Welt aufgenommen hat. Man hat sie mißachtet und ganz sicherlich
nicht geehrt, wenn sie zur »Crone« (mit sechsundfünfzig)
wird und ins wissende Alter eintritt, das Alter der Weisheit.
Aber bei ihrer Hochzeit wird die Frau als Göttin
anerkannt.
Sie ist mit dem weißen Gewand der Sonnengöttin
Lucina bekleidet, bei deren Fest in Schweden alle Mädchen und Frauen
weiß angezogen sind.
Ihr heiliger Schleier bedeutet, daß sie
beschützt und gesegnet ist.
Die lange Schleppe, die von jungen Frauen oder
Mädchen getragen wird, zeigt an, daß sie in der Blüte ihres
Lebens und das Oberhaupt aller Frauen ist. Die Hochzeiten von heute bergen
immer noch viele der alten Elemente in sich.
Diese Symbole sind es, die uns Frauen die Tränen
in die Augen treiben. Es ist die verlorengegangene Symbolik an deren
Wichtigkeit man sich dunkel erinnert, obwohl die wahre Bedeutung nicht
bekannt ist , die Frauen auf Hochzeiten weinen läßt.
Was geschieht? Liebe geschieht. Das kann nicht
einmal das Patriarchat ändern.
Die Großmutter Mondin hat wieder ein junges
oder altes Paar verzaubert, ihre Herzen bewegt und jetzt wollen sie sich
einander in der Öffentlichkeit versprechen. Dieses öffentlich
bezeugte Versprechen ist der wahrhaft alte Teil dabei.
Die Gemeinschaft wird Zeuge eines Liebesbandes
und behandelt das Paar danach anders. Das Ritual schafft einen Raum zwischen
dem, was war und dem, was sein wird. Es schafft den Übergang zwischen
verlobt und verheiratet sein. Oft schmerzen mich diese Rituale, weil ich
mich auch nach jemandem sehne, dem ich diese Art öffentliches Versprechen
geben kann. Meine Ehe mit dem jungen Burschen aus Ungarn, den ich mit neunzehn
geheiratet hatte, funktionierte ein paar Jahre lang, dann wurden wir erwachsen
und lebten uns auseinander. Ich fühle deswegen keine Bitterkeit, ich
hatte nur das Gefühl, daß der Stand der Ehe, so wie er in der
gegenwärtigen amerikanischen Kultur vorherrscht, weder für mich
noch für irgendeine andere Frau eine gute Lebensform ist. Es ist einfach
nicht natürlich, die Frauen voneinander zu trennen und sie in ihre
jeweiligen mehrstöckigen Häuser mit identischer Architektur und
Ausstattung zu sperren. Es ist nicht natürlich, nicht mit deinen Nachbarn
zu plaudern. Es ist nicht natürlich zu meinen, du würdest allein
nur mit deinem Mann und deinen Kindern auf dieser Welt existieren. Menschen
sind soziale Wesen.
Wir brauchen die Gemeinschaft. Die meisten Arten,
die Gemeinschaften bilden, sorgen dafür, daß die Weibchen und
Jungen genug Unterstützungsgruppen und einander haben. Isolation ist
nur für die bestimmt, die sich aufs Sterben vorbereiten. Jedes neue
Paar beginnt mit den besten Absichten. Sie haben kaum die Zeit, um zu erkennen,
daß einer der Partner, die Frau, von Anfang an benachteiligt ist,
weil sie der weniger geschätzten Kaste angehört. Sie verdient
nur die Hälfte im Vergleich zu Männern mit gleicher Ausbildung.
Frauen gehört nur ein Prozent des Reichtums auf der Welt, sie verrichten
aber neunzig Prozent der Arbeit. Das ist eine Tatsache, die junge Frauen
gar nicht erst wissen und über die sie schon gar nicht nachdenken
wollen. Es ist einfach zu bedrückend im Westen sind wir Individuen,
wir sind anders. Westliche Frauen lassen sich nicht mehr wie in den vergangenen
zweitausend Jahren unterdrücken. Auf den Flügeln unserer besonderen
Liebe werden wir uns emporschwingen und das überwinden. Unser Leben
wird anders sein...
Wenn Frauen nicht so dächten, wenn wir begännen,
Zusammenkünfte wegen unserer Misere abzuhalten, uns auf unsere Unterdrückung
zu konzentrieren und was wir dagegen tun können, würde lange,
lange Zeit keine es wagen, zu heiraten.
Und das würde der Göttin der Liebe
gar nicht gefallen. Sie will, daß wir im Zeitplan sind, sie läßt
unsere biologischen Uhren weiterticken, sie läßt unsere Hormone
»jubeln«, sie läßt alte wie junge Herzen vor Sehnsucht
erglühen.
Alle Revolutionen können also nur in Übereinstimmung
mit ihren Plänen ausgefochten werden. So einfach ist das.
Liebe ist jetzt. Und Hochzeiten auch. Heidnische
Hochzeitsfeiern können ausgefeilt und teuer oder auch sehr flexibel
und einfach sein.
Sie können auch legal oder nicht legal sein,
je nach der Kombination der beteiligten Geschlechter. Gleichgeschlechtliche
Hochzeiten werden immer noch von keiner Kirche und keinem Staat anerkannt,
von der Göttin aber schon immer. Ich schließe sehr viele lesbische
Ehen. Die letzte Eheschließung, die ich hier in Berkeley vorgenommen
habe, war allerdings für ein heterosexuelles Paar Cynthia und Paul.
Sie waren ein klassisches Beispiel für
die fortschrittliche Tradition.
Sie hatten sich getroffen, als sie beide an der
University of California studierten. Eines Tages überließ Cynthia
einer Lokalzeitung ein Gedicht zur Veröffentlichung, irgend etwas
über Chamäleons und ihre Zungen und Blitze, ziemlich lang und
ziemlich tiefgründig. Das Gedicht gewann einen Preis und wurde in
ganzer Länge abgedruckt. Paul hatte den Artikel beim Kaffee gelesen
und er mochte das Gedicht mit den Chamäleons. Ihm gefiel die lange
Abhandlung und die erschreckenden Bilder, die Cynthia aufs Papier geworfen
hatte. Es gefiel ihm so sehr, daß er ihr an die Adresse der Zeitung
schrieb. Er selbst schrieb auch gern, vor allem über Chamäleons.
Sie antwortete auf seinen Brief und sie trafen sich. Das war vor zwanzig
Jahren gewesen. Seitdem waren sie immer zusammen. Sie waren beide jüdisch,
aber ihre Beziehung war für sie eine derart private Angelegenheit,
daß kein Rabbi sich je in sie einmischen sollte. Nun wollten ihre
Kinder, daß sie heiraten sollten.
Die Kinder standen selbst kurz vor der Hochzeit
und die Situation ihrer Eltern ließ sie nicht kalt. Aber Cynthia
und Paul hielten stand. Sie weigerten sich, sich sozialem Druck zu beugen.
Eine Möglichkeit aber gab es Paul und Cynthia hatten eingewilligt
zu heiraten, wenn sie es mit einer Göttinzeremonie, die von einer
Hexe geleitet wurde, tun konnten. Das wäre etwas anderes, meinten
sie. So wären sie mit der Heirat einverstanden. Die Kinder spürten
mich auf und erzählten mir die Geschichte. Was für eine Ehre!
Natürlich stimmte ich zu. Die Hochzeit fand auf der Spitze eines Hügels
statt, von der aus man die blaue Bay voll flatternder Segelboote, den vom
Pazifik hereinkommenden Nebel und die auf der anderen Seite der Bay gleißenden
Wolkenkratzer überschauen kann. Paul war am schwierigsten für
die Zeremonie vorzubereiten. Er wollte keine Blumenkrone tragen. Er liebte
Blumen, hatte aber Schwierigkeiten mit dem Kronenkonzept. Ich erklärte
ihm, daß es bedeute, sich mit der Erde zu identifizieren, wenn man
Blumen auf dem Kopf trägt. Es sei auch ein Symbol des Respekts vor
der Ehe. Das waren Gründe, die ihm einleuchteten.
Am Beginn der »Tryst«, der Göttinzeremonie,
die ich bei einer Hochzeit durchführe, gibt es immer Musik, die von
den Versprochenen ausgewählt worden ist. Üblicherweise spielen
eine sanfte Harfe, Flöte oder Klavier, oder ein paar Geigen. Ich selbst
ziehe den Herzschlagrhythmus von Trommeln vor, runde, warme Töne,
die von der Tiefe des Bauches zum Geist aufsteigen. Cynthia hatte einen
Freund namens Bob gebeten, zu diesem Anlaß auf der Harmonika zu spielen,
aber er war so scheu; er blieb viel zu weit vom Publikum weg und wir konnten
ihn kaum hören. Doch wir wußten alle, daß er wundervoll
spielte, auch wenn wir ihn nur hören konnten, wenn zufällig der
Wind in unsere Richtung blies. Es machte nichts. Paul und Cynthia wurden
von ihren Kindern herbeigeführt, langsam, ihrer inneren Musik lauschend.
Er war in einen normalen Straßenanzug gekleidet, sie in ein lavendelfarbenes
Kleid mit einer Amethystkette um den Hals. Beide waren barfuß wie
ich es verlangt hatte, damit sie die Erde berühren konnten. Aber sie
schritten auf Rosenblüten, die die Kinder für sie auf den Weg
gestreut hatten. Man konnte sehen, daß es ein sehr liebendes Paar
war. Vier Kinder hatten sie gemeinsam großgezogen, Freunde auf ihrem
Weg gewonnen. Nun feierten sie erstmals öffentlich ihre Vereinigung.
Diese Hochzeit war wirklich sehr anders.
Die Hochzeitsgesellschaft brauchte nicht lange,
um die Energie für die Zeremonie anzuheben.
Ich erklärte die sonare Meditationstechnik,
in der das koordinierte Summen einer Menschengruppe ihre Gehirnwellen in
Gleichklang bringt und sie führten sie aus, einfach so. Auf dieser
gemeinsamen Schwingung ließ ich die Zeremonie sanft wie auf einem
Nebelbett dahingleiten.
Das Tablett voll Speisen war auch ganz besonders.
Geröstete Mandeln (der Venus heilig) und schimmernde, schwarze Pflaumen,
Kapuzinerkresse, Wurzelgemüse (Karotten), Stengel (Spargel) und Blumen
(Blumenkohl) schmückten das Tablett.
Bei einer Hochzeit ist das mein Hochaltar. Über
diesem bescheidenen Tablett voll Speisen rufe ich die Göttin allen
Lebens an, den Beschluß des Paares zu bestärken, sie zusammenwachsen
zu lassen, auf daß ihre Liebe und ihre Arbeit Früchte tragen
und daß sie sich wie Zweige innerhalb ihrer Gemeinschaft ausbreiten
mögen. Paul und Cynthia hatten meine Segenswünsche bereits gelebt.
Es war einfach eine Anerkennung ihrer zwanzig gemeinsamen Jahre.
Ein wichtiger Teil des Rituals ist, daß
jeder der Partner etwas vom Tablett auswählt, es in den Mund des anderen
Partners legt und spricht: »Mögest du niemals hungern!«
Das ist ein Versprechen. Es umfaßt alle
möglichen Arten von Hunger.
Sie versprechen einander genügend zu füttern,
um Liebeshunger, Hunger nach Nahrung, Aufmerksamkeit, Wissen und Erfahrung
zu stillen. Es ist ein großes Versprechen.
Dann tranken sie aus den silbernen Schalen.
Sie sind Symbole der Freude und natürlich aus Silber, um sie der Mondin
zu weihen.
Es ist wichtig, Hochzeitszeremonien mit den Mondphasen
abzustimmen.
Für diese Hochzeit wählte ich die
zunehmende Mondin, gerade ein paar Tage vor Vollmondin. Die Neumondin ist
bestens geeignet für junge Liebende, frische Paare. Cynthia und Paul
hatten Wasser aus ihrer Küche in den Kelchen.
»Mögest du niemals dürsten!
« sagten sie und boten einander einen Schluck aus den Silberschalen
an. Man kann nach ebensovielen Dingen dürsten wie hungern, also stillt
dieses Versprechen das Dürsten nach Liebe und Zuneigung, nach Anerkennung
und Wissen. Von da an weinte Großmutter Yvonne pausenlos.
Lange, lange Zeit hatte sie auf die Hochzeit
ihrer Tochter gewartet.
Nachdem die Kinder gekommen waren, hatte sie
schon gedacht, es würde nie geschehen. Aber heute war der Tag gekommen
und es war wunderschön!
Hochzeiten sind immer ein Frauenereignis.
Wie charmant der Bräutigam auch sein mag,
er ist nur Begleiter.
Dies ist der einzige Tag, der der Feier einer
Frau geweiht ist, die die heilige Braut ist.
Sie ist der Mittelpunkt der Bewunderung (sieht
sie nicht wunderschön aus...), sie steht im Zentrum der Aufmerksamkeit
(mach noch ein Bild von ihr mit der ganzen Familie...).
Sie ist festlich gekleidet, sie legt Schwüre
ab.
Die Zukunft der Menschheit hängt von diesen
Versprechen ab.
Wird sie inmitten des Patriarchats um der Liebe
willen ihre Lebensgabe geben?
Wird sie gehorchen (keinesfalls!) oder sich
auflehnen (darauf kannst du wetten!)?
Der letzte Akt des Rituals besteht in der gegenseitigen
Krönung mit den Blumen, um einander der gegenseitigen Hochachtung
zu versichern.
»Du bist die Göttin!« sagte
Paul.
»Du bist der Gott!« antwortete Cynthia.
Paul nahm seine Blumenkrone an, ohne mit der
Wimper zu zucken. Sie sahen ineinander die Verkörperungen des Göttlichen.
In dieser Zeremonie ist keiner geringer als der andere.
Das Ende der Zeremonie kann der allerschönste
Teil sein, wenn das Paar gekrönt von der Göttin als Kinder
der Erde dasteht und darauf wartet, über den Besen zu springen, um
ihr gemeinsames Schicksal zu besiegeln.
An diesem Punkt können sie einander etwas
Bedeutsames sagen oder ein Gedicht vorlesen. Cynthia las ihr Chamäleongedicht
vor. Zuerst hörten alle leicht schockiert zu. Chamäleons? Schlängelnde
Zungen aus Feuer? Wie eklig! Und ihr Gedicht war so traurig, so bedrückend,
ein derartiger Kontrast zu dieser strahlenden Hochzeit. Und doch es war
das Gedicht, das Paul angezogen hatte.
Was hätte passender sein können?
Dann las Paul seinen Antwortbrief vor. Es war
der Brief eines jungen Idealisten, voll von Glückwünschen und
der Sehnsucht nach seiner Zwillingsseele. Die letzt Zeile lautete: »Vielleicht
finden Sie diesen Brief etwas seltsam, aber ich verspreche Ihnen, wenn
Sie anrufen, werden Sie vielleicht entdecken daß es eine fruchtbare
Beziehung sein könnte.« »Fruchtbare Beziehung« hatte
er vor zwanzig Jahren in einem leidenschaftlichen, hellsichtigen Moment
geschrieben!
Nun bat ich die Hochzeitsgesellschaft, das Paar
mit ihren persönlichen Segenswünschen zu überhäufen.
Yvonne wollte etwas sagen, aber noch versagte ihr vor Rührung die
Stimme. Also begannen die Kinder und wünschten ihrer Mama und ihrem
Papa noch viele weitere wunderbare Jahre voll Glück. Vor allem die
Töchter waren sehr bewegt. Sobald Yvonne einmal zu weinen begonnen
hatte, hatten auch sie ihre Tränen offen gezeigt. Weinen ist ebenso
ansteckend wie Gähnen. Beginnt eine, fallen die anderen ein.
Die Gesellschaft rief, »Glück!«,
»Urlaub!«, »Tiefe Liebe!«, »Gesundheit!«.
Aber auf speziellen Wunsch des Brautpaares war
es absolut tabu, sie aus Gründen der Fruchtbarkeit mit Reis zu bewerfen.
Die Kinder, die sie schon hatten, reichten ihnen.
Wir legten den Besen im Westen hin, weil dies
schon eine Heirat war, die in den Augen der Liebe geschlossen worden war,
und nach dem letzten Segensspruch sprang das Paar händchenhaltend
hoch und verließ für einen Augenblick die Erde.
Der Familienfotograf verewigte diesen Moment,
als sie über den Myrrhenbesen sprangen, auf Video.Nach der Landung
auf der anderen Seite küßten und umarmten sie einander, als
wären sie frisch verheiratet.
Diese Zeremonie war eine Feier ihrer vergangenen
und zukünftigen gemeinsamen Jahre.
Zum Empfang zog sich die Hochzeitsgesellschaft
in die riesige Halle mit Glasfenstern zurück. Zwei Gummibäume
wuchsen direkt durch die Decke, in Harmonie mit den Rotholzwänden.
»Schon gestern hatten wir hier eine Göttinnenhochzeit!«
flüsterte die Frau, die den Wein in die Gläser schenkte. »Wie
wundervoll!« sagte ich.
»Es kommt in Mode!« Yvonne hatte
genug von ihren Tränen. Jetzt strahlte sie, einen Drink in ihrer Hand.
Ich saß da und nippte an meinem Champagner
und wir unterhielten uns über die Zeremonie. Es schien eine perfekte
Hochzeit gewesen zu sein! Alle schwärmten.
Nun gab es Tanz. Eine Liveband spielte Songs
aus den sechziger Jahren, den Rock n Roll der Graumelierten.
Manche der Hochzeiten, die ich vollziehe, sind
nur spirituelle Versprechen, aber diese Hochzeit war gesetzlich, also unterzeichneten
wir die Papiere. Für mich war es ganz schön schwierig, meinen
Namen in den dafür vorgesehenen Platz für die Unterschrift zu
zwängen. Paul und Cynthia strahlten. Paul hatte ganz vergessen, daß
er immer noch seine Krone trug und nahm auch das Hochzeitsessen mit ihr
auf dem Kopf ein!
Die Stadt wurde bereits von den langsam daherkriechenden
Nebeldrachen verschlungen, aber die Golden Gate Bridge strahlte noch immer
im Postkartenblau. Ich dachte über Hochzeiten, meine Lieblingsarbeit,
nach und dachte an andere Paare, die da draußen irgendwo auf der
Welt leben, ohne jemals ihre Vereinigung mit einem Ritual zu feiern.
Ihnen allen wollte ich zurufen: »He, ihr
wißt ja gar nicht, was ihr da versäumt!
Ihr verdient es, gefeiert zu werden! Eure Gefühlsbande
sind für die Gemeinschaft wichtig!« Ich habe das Gefühl,
daß die Erde ein sicherer Platz ist, wenn die Menschen einander lieben.
Zuletzt tanzten Paul und Cynthia einen langsamen
Tanz miteinander, den offiziellen Hochzeitstanz. Es war zutiefst bewegend,
wie sie einander ansahen. Paul trug immer noch seine Krone sie waren
unzertrennlich geworden.
Cynthia hatte ihre abgenommen, aber ihr glückseliges
Lächeln krönte sie, das völlig dem Zen einer Hochzeit hingegeben
schien. Eine der Töchter nahm sie bei den Händen und tanzte mit
ihnen, dann gesellten sich die anderen Töchter hinzu und auch der
schüchterne Sohn.
Nun tanzten alle sechs miteinander. Dann machte
Yvonne, die Großmutter, sieben daraus und dann standen alle Verwandten,
nah wie fern, auf und schlossen sich dem Paar an, tanzten in konzentrischen
Kreisen um sie herum.
Später schnappte ich auf, wie die jungen
Frauen miteinander darüber sprachen, daß sie auch gerne »über
den Besen springen« würden und wie »tierisch« das
sei.
»Die Göttin übernimmt die Hochzeiten.
Es verbreitet sich«, dachte ich. Es wird aber auch Zeit.
Zsuzsanna E. Budapest
Aus Mondmagie
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