... Du weißt, wie du feiern, wie du dich heilen, wie du deinen Schmerz lindern kannst, 
oder jedenfalls hast du ein paar neue Möglichkeiten dazugelernt. 

 
  Du hast dich mit Erde und Lehm, mit Feuer und Essig und mit Wacholderbeeren angefreundet. 
Zaghaft malst du dir schon mal das Gesicht an 
und setzt einen Fuß vor den anderen, um ein bißchen zu stampfen. 
Du schaust die Mondsichel mit neuen Augen an und horchst auf die Stimme aller Wesen. 
Du bemühst dich, nichts falsch zu machen, und versuchst, alles so gut wie möglich hinzukriegen, 
und jetzt — jetzt wird alles verdreht und verkehrt. 
Mag sein, daß Erde und Lehm und Wacholder gut sind. 
Mag sein, daß du Bachblüten-Tropfen oder Quark, Asche oder Rosmarinöl, Salbeirauch 
oder ein Lichtermeer brauchst

Aber plötzlich wird alles verrückt und verdreht.

 
  Wenn das Heilige zu heilig wird — schieb dir einer Hamburger rein. Wenn du alles getan hast, um deiner Haut gut zu tun — hundert Prozent Acryl ist die Antwort. Wenn du alle guter Ratschläge befolgt hast - scheiß drauf. 
Kehr alles um. 
Mach alles mit links. 
Sei respektlos. 
Verdrehe den Leuten die Worte im Mund. 
Lüg, was das Zeug hält. 
Hör auf, respektabel und zuverlässig zu sein. 
Mach dich über Autoritäten lustig, beleidige sogar die Göttin.
 
 
Warum?

In allen alten Stammeskulturen gibt es eine sehr weise Erkenntnis:

Das Heilige das Wichtige das Gute und Heilsame muß gelegentlich gerüttelt und geschüttelt werden, um nicht zu versteinern. Bei den Hopi gibt es Zeremonien, bei denen die unflätigsten Dinge gesagt, die unerhörtesten Obszönitäten getan werden. 
Die Geister und Götter und Göttinnen werden beschimpft, das Wundervolle wird zur Banalität erklärt, und alle heiligen Riten werden verdreht. 
Bei uns gibt es dieses Phänomen noch zu Fastnacht, im Fasching. 
Da darf gespottet und verlacht werden, was eigentlich hohes Ansehen genießt (oder jedenfalls genießen sollte). Vielleicht gibt es deshalb dann gleich den politischen Aschermittwoch, an dem alle wieder auf Linie eingeschworen werden. Jedenfalls ist dieses Verkehren der Werte, das Verdrehen und Verrücken der Realität eine Kraft, die wir tatsächlich bitter nötig haben. 

Dem Hirn tut es gut, wenn ungewöhnliche Dinge getan werden,

wenn du, statt alles mit rechts zu tun, alles mit links tust

Wenn du mal alles rückwärts machst,.

wenn du am Abend frühstückst und am Morgen ein Drei-Gänge-Menü ißt.  
  Wenn es deine Angewohnheit ist, pünktlich zu sein solltest du endlich einmal unpünktlich sein.
Was du nie zu sagen gewagt hast, sage es jetzt. 
Wenn du wütend brüllen willst, lach. 
Wo du einverstanden bist, schimpfe.
 
 

Wenn du es nie gewagt hast, jemandem ehrlich die Meinung zu sagen — jetzt ist der Zeitpunkt.

Schreib einmal von rechts nach links und von unten nach oben.
 
Verdreh deine Worte und sprich alles verkehrt herum.

Laß den Chef auflaufen und erkläre ihm, daß es therapeutisch notwendig ist, für deine und seine Kreativität, daß er auf allen Vieren kriecht. Geh rückwärts aus dem Zimmer. Stell dich auf den Kopf.  

Luisa Francia
 

Erlaube alles, was du vorher verboten hast.

Laß dir von den Kindern die Welt erklären.

Bitte um etwas. Bedanke dich nicht. Erkläre nichts. Mach etwas Unerhörtes, Außergewöhnliches.


 
 

Geh einfach zu Fuß aus der Stadt hinaus. Ruf eine fremde Person an und frag sie, ob sie dir was zu sagen hat. 

Was fällt dir ein! — Ja, was fällt dir dazu ein?

   

"Tu nichts, 
was nur deinen Ehrgeiz befriedigt. 
Tu nur, was du anders nicht tun kannst. 
Tu nichts, wenn du nicht mußt. 
Du hast die Wahl. 
Laß dir die Wahl nicht abnehmen. 
Und wenn du etwas tust, 
tu es nicht so, 
daß du anderen die Entscheidung abnimmst. 
Was du tust, tu wirklich ..." 

   Luisa Francia 

 
Du wirst noch Deine 
blauen Wunder erleben, 
sagen die Erwachsenen‘, 
was natürlich drohend gemeint ist! 

Du hast ein erotisches Verhältnis zur Sprache, 
zu Wörtern und, glaube mir, 
es gibt keine größere Verheißung 
als das blaue Wunder. 
Auf dem Weg zum blauen Wunder 
Lernst Du schreiben - zuhören - zaubern 
weinen und herzliches lachen..."