... von Luisa Francia

»Der Schmerz ändert auf eine Art den menschlichen Körper.
Die Haut wird etwas anderes, eine Wand, eine Membran zwischen der Welt der Schöpfung
und der Welt der Zerstörung.«

Traumhaut
Sie dehnt sich und schrumpft, wie ich es will.
Sie wird dicht, weit, porös trocken und heiß feucht und sanft, wie ich es will.
Ich dehne sie mit meiner Imagination: höher, weiter, ich wachse in den Himmel, berühre die Wolken, reibe meine Wirbelsäule an einem Blitz, tanze mit dem Donner.

Durch meine Fußsohlen wachsen Wurzeln, ich lasse mich vom Wind hin- und herschaukeln.
Die Wurzeln graben sich tief ein, umgehen Hindernisse, schieben Waschmaschinen und Kohlenvorräte, Werkzeug und Kisten beiseite, berühren die Haut der Erde, schieben sich tiefer, spielen mit den Erdkrumen, schlängeln sich weiter hinein, tanzen, berühren andere Wurzeln.


Ziehen Flüssigkeit und Nahrung aus der Erde, saugen alles ein und verteilen es in meinem Körper. Mit jedem Atemzug steigt Nahrung auf und stärkt mich, ich werde so hoch wie das Universum, so breit wie der Erdball.


Schwer, fest, dick und mächtig.
Und dann leicht und flüchtig, immer noch verwurzelt, verändere ich meine Gestalt, wie es mir einfällt, wachse und lasse mich wieder schrumpfen, ziehe meine Wurzeln wieder zurück und ganz in den Körper hinein, sinke hinein in meinen Körper und lasse all die Verwandlungssubstanz in meinem Bauch zu einer flüssigen Energiekugel zusammenlaufen.
Und nie vergesse ich, daß ich meine Gestalt wandeln kann.
Daß ich furchterregend groß und winzig wie eine Maus sein kann.
Mit jeder runden Bewegung meiner Hüften schaukelt meine Verwandlungssubstanz im Bauch, bereit, mich auf meinen Verwandlungsreisen zu begleiten.

Visionen:
Spinnweben.
Staub.
Zerzauste Haare.
Schmutzige Füße.
Schmutzige Nägel.
Wettergegerbte, faltige Haut.
Der eigene Körpergeruch.
Schleim.
Schlangenhaut.
Der warme, muskulöse Körper einer Python.
Hecke.
Dickicht.
Wucherndes Gestrüpp.
Dornen.
Schatten.
Grobes Gewebe.
Sumpf.
Krötenquaken.
Orchideen.
Wasserlilien.
Schwarzmooriges Wasser.
Schlamm.
Würmer.
Fischlaich.
Schlingpflanzen.
Grasbüschel auf Sumpf.
Ölige Blasen auf dem Sumpfwasser.
Fetzenrock. Schmutzige Füße. Zerzauste Haare. Staub. Spinnweben.

 
 
Einige Bücher von Luisa habe ich auf der Literaturliste