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Rituale
Über
das Räuchern
Es
wärmte, schützte und spendete Licht.
An ihm wurden zahllose Geschichten des großen Stammesfürsten
Wuotan und seiner Begleiter erzählt, bis sie durch jahrelanger Überlieferung
zu Göttern aufstiegen und als Asen die alten Wanengötter verdrängten.
Es wurden auf sie Lieder gesungen und Tänze
getanzt. Und wenn dabei ein harzreiches Rindenstück verbrannte
oder ein Kräuterbüschel ins Feuer geworfen wurde, bemerkte man
den wohltuenden, duftenden Rauch und wie sich damit die Stimmung der Einzelnen
veränderte. Die Menschen begannen, die Pflanzen nach ihrem Duft und
ihrer Wirkung zu sammeln.
Das Feuer wurde als Geschenk der Götter betrachtet. Sein Rauch stieg
sichtbar in himmlische Höhen und wurde dazu benutzt, um den Göttern
Botschaften zu überbringen, ihnen Dankbarkeit zu erweisen, Gebete
und Bitten an sie zu richten. Ganz bestimmte Harze und Kräuter waren
bestimmten Gottheiten zugeordnet.
Der Duft der Räucherung sollte die Bitte
zu den Göttern tragen und sie gütig stimmen, den Wunsch
zu erfüllen.
Besonders
die Menschen Nordeuropas waren der Willkür der Natur hilflos ausgeliefert.
Sie erfahren und empfinden den Wechsel der Jahreszeiten besonders deutlich.
Vom eiskalten, tödlichen Winter, hoffend auf den lebenserweckenden
Frühling, über den fruchtbaren, warmen Sommer bis zum farbigen,
früchtespendenden Herbst. Ihre Rituale sind wie ihre Heiligtümer
stark nach den Jahreszeiten und kosmischen Rhythmen ausgeprägt.
Von Felsheiligtümern wie den Externsteinen im Teutoburger Wald vorbei
an riesigen Steinkreisen wie in Stonehenge bis zu den Dolmenhäusern
und Feenhäusern in Irland. Zu Mittsommer,
der Sommersonnenwende, fällt z.B. im Heiligtum der erste Strahl der
Morgensonne durch eine runde Öffnung im Fels direkt auf den sich
dahinter befindlichen Altar, wo dereinst - in Miniaturausgabe - die Irminsul
stand.
Die geheimnisvollen, naturverbundenen Rituale waren sicher mit Kulträucherungen
einheimischer Pflanzen wie Tanne, Sumpfporst, Wachholder, etc. verbunden.
Einiges, wie die heiligen Neunkräuterbüschel, hat sich bis in
unsere Zeit erhalten. Mit
dem Vordringen der Kelten erfuhr die Verehrung der Natur ihren Höhepunkt.
Die Kelten, einst aus einer baumlosen Steppe
kommend, standen plötzlich vor der Wand des dichten, mächtigen
und undurchdringlichen Waldes, der zu ihrer Zeit fast ganz Nordeuropa
bedeckte. Ihrer Neugierde, ihrer Wanderfreudigkeit und ihres Mutes haben
wir es zu verdanken, dass sie sich der Magie und Kraft der Bäume
stellten. Sie wurden große Verehrer der mythischen Urkraft und Weisheit
der Bäume.
Der Baum, verwurzelt in der Erde,
aufstrebend gen Himmel, wurde das keltische Lebenssymbol; genau wie bei
den Germanen die Esche Yggdrasil der Weltenbaum ist. Die bizarr geformten,
kräftigen Eichen und die hochgewachsenen Eschen haben Kelten und
Germanen besonders beeindruckt und die Eichenmistel galt als heilige,
mystische Pflanze.
Jeder
Baum und jede Pflanze war einer bestimmten Gottheit zugeordnet und der
Geist einer Pflanze wurde als Pflanzenelfe verehrt, die dem Menschen helfen
wie auch schaden konnte. Daher hielten diese Völker auch ihre Götteranrufungen
unter Bäumen, den heiligen Hainen, ab also in der freien Natur
der Heide. Daher später ihr Name, den sie von den einfallenden
Römern erhielten.
Heute
befinden wir uns wieder, wie einst die Kelten, in einer baumlosen Steppe.
Vom
einstigen Urwald ist nicht mehr viel geblieben. Der letzte, dennoch beeindruckende
Rest, der sich auf dem Gebiet des heutigen Polen befindet, ist nur ein klägliches
Überbleibsel der einstigen, mächtigen Waldgebiete in Mitteleuropa.
Und es ist auch nur eine Frage der Zeit, bis die holzverarbeitende Industrie
sich auch diese Ressourcen nutzbar gemacht hat. Einige
der Räucherbräuche haben sich in den Alpenlandschaften Deutschlands,
Österreichs und der Schweiz erhalten. So werden in den zwölf Rauh-
oder Rauchnächten zwischen dem Jul- und dem Perchtenfest noch heute
das Haus und der Stall ausgeräuchert. In eine Eisenpfanne legte man
die Glut des Zunderpilzes (Polyporus fomentarius), oder heute Räucherkohle
und darüber streut man großzügig starkes und reinigendes
Räucherwerk, welches vor allem Weihrauch, Wachholder und die neun heiligen
Kräuter enthält.. die Räucherpfannen halten einen durchlöcherten
Deckel und damit ging man durch das Haus und den Stall und murmelte besondere
Gebete. Nun waren Menschen und Gebäude auf das neue Jahr vorbereitet
und das Chaos und die Orientierungslosigkeit der Tage zwischen den Welten
konnte keinem etwas anhaben. Die
Rauhnächte schwebten zwischen Zeit und Raum, da zur Jul, der längsten
Nacht und dem kürzesten Tag des Jahres, das alte Jahr in der Götterdämmerung
endet; jedoch das neue Jahr erst zum Perchtenfest, wenn wieder Odin, Wili
und We auf der Welt Leben spenden, beginnt.
Pflanzenräucherungen wurden aber nicht nur zu schamanistischen Ritualen
verwendet, sondern auch zu helkräftigen Zwecken. Weise Frauen verwendeten
Räucherungen, um Geburten zu beschleunigen und Schmerzen zu lindern.
In der Edda wird eine Räucherung mit Baumfrüchten beschrieben,
die Frauen zur Fruchtbarkeit verhelfen soll. Alte Räucherrezepturen
finden sich in den Schriften der Hildegard von Bingen, in vielen mittelalterlichen
Kräuterbüchern und auch zu magischen Zwecken wurde viel durch
Agrippa von Nettesheim, Carl Eckhartshausen und der Bibel überliefert.
Noch in den sechziger Jahren unseres Jahrhunderts konnte man Räucherungen
in der Apotheke zu Heilzwecken kaufen, wie z.B. Tannenharz, als Straßburger
Terpentin bei Husten und Bronchialverschleimung Lärchenharz,
als Venetionisches Terpentin zur Kräftigung der Atmungsorgane Kiefernharz,
als Colophonium zur Lungenstärkung Fichtenharz,
als Burgunderharz bei Ausschlägen und Rheuma Wacholderharz
oder beeren bei Quetschungen und Geschwulsten
Thymian
Thymian wirkt kräftigend und stärkend. Es heißt, er könne
unseren Willen und unser Selbstvertrauen stärken. Sein starker, kräuteriger
und warmer Duft kann innerlich erwärmen und wach machen. Er unterstützt
uns in Krisenzeiten, wenn unser Durchsetzungsvermögen besonders gefragt
ist. Er wird in kleinen Mengen einer Kräutermischung zur Reinigung
und Stärkung beigefügt. Auch wird er, gemeinsam mit Fenchel,
im Neunkräutersegen genannt. Dort soll er vor Hexerei und bösem
Zauber schützen.
Beifuß
Der Beifuß gilt als wichtige magische Pflanze in Europa wie in Asien.
Er ist der Göttin Frigg heilig. Volkstümliche Namen weisen auf
seine einstige kultische und magische Rolle hin: Sonnenwendgürtel,
Johannisgürtel, Mugwurz, Schutzkraut. Im angelsächsischen Neunkräutersegen
steht der Beifuß an erster Stelle. Er wurde für Übertragungszauber
verwendet, Ein Gürtel aus Beifußwurzeln geflochten ins Feuer
geworfen, sollte die Leiden des Kranken auf das Feuer übertragen.
Dem Beifuß wird eine stark reinigende Kraft zugesprochen. Beifußräucherungen
eignen sich deshalb gut für Situationen im Leben, die eine Entscheidung
erfordern, die einen Wendepunkt darstellen. Er kann helfen, das Alte zurück-
und loszulassen. Daher seine rituelle Verwendung zur Sonnenwende. Eine
Beifußräucherung hat außerdem eine entspannende wärmende
und beruhigende Wirkung. Als Abendräucherung mit anderen Kräutern
wirkt Beifuß schlaffördernd. Die Mutter der Kräuter kann
helfen, eigene Heikräfte zu aktivieren, um sich selbst an Körper
und Seele zu heilen. Nach alter Tradition haben Heilerinnen und Heiler
ihre Heilkräfte mit Beifußräucherungen gestärkt.
Wacholder
In
alten Kulturen, von denen wir wissen, dass Wacholder ihnen bekannt war,
wurde er als heilig verehrt. Ihm werden bestimmte magische Kräfte
zugeschrieben, die ihn als Schutz- und Lebensbaum auszeichnen. Sein Holz,
die Zweige oder Beeren werden seit prähistorischer Zeit für
kultische und medizinische Räucherungen verwendet. Im Mittelalter
hieß es, dass besonders krankmachende Dämonen von seinem Rauch
ferngehalten werden. Mit Wachholderräucherungen wollte man sich von
schädigenden Einflüssen fernhalten. Wacholderharz ist allerdings
selten, da der Baum nur selten und wenig Harz absondert. Mehr im Gebrauch
ist das Holz, die Spitzen und Beeren. Wacholder-Räucherungen gelten
seit frühester Zeit als Schutzmittel gegen Ansteckungen. So wurden
zur Zeit der großen Pestepedemien in den Städten Wacholderfeuer
entzündet. Wacholder sollte unsere Aufmerksamkeit stärken; er
macht - wie sein Name sagt wach und soll sogar die Gabe der Prophezeiung
verleihen. Wacholder-Räucherungen eignen sich besonders gut für
die Rekonvaleszenz, um Menschen und Räume mit neuer Lebensenergie
aufzuladen.
Fichtenharz
Burgundisches Pechharz
Fichtenharz wurde noch bis ins letzte Jahrhundert als billiger Ersatz
für den sehr viel teueren Weihrauch gebraucht. In alten Kräuterbüchern
wird berichtet, dass das Fichtenharz zur Verfeinerung einige Zeit in einen
Ameisenhaufen gelegt wurde, um dort durch die Ameisensäure einen
Umwandlungsprozess zu erfahren. Fichtenharz wirkt keimtötend und
kann somit die Raumluft desinfizieren. Es duftet kräftiger als das
Harz der Tanne, allerdings fehlt ihm die frische, oft zitronenartige Note
des Tannenharzes. Es verströmt beim Räuchern einen kräftigen,
grünen, waldigen Duft. Fichtenharz wirkt kräftigend, stärkend
und aufbauend. Der Rauch des Fichtenharzes diente als Schutz vor störenden
Einflüssen und hilft, innere Ruhe zu finden. Das hellgelbe Harz wurde
in der mittelalterlichen Heilkunde viel zur Herstellung von Heilsalben
und auch für Heilräucherungen verwendet.
Kiefernharz
Colophonium
Die Borke der Kiefer ist sehr stark von rötlichem Harz durchdrungen
und verbreitet beim verbrennen einen balsamischen, warm-harzigen Duft.
Der duft des Kiefernharzes soll vor magischen, krankmachenden Praktiken
schützen und gilt als herzstärkendes Mittel. Kiefernräucherungen
wirken wärmend und stärkend. Die Dämpfe des Kiefernharzes
wurden verwendet, um die Lungen zu stärken und um schwächliche
Kinder energetisch aufzuladen. Der Rauch wirkt antiseptisch und durchblutungsfördernd.
Heute kennt man Colophonium nur noch als Geigenharz, zum Bestreichen von
Violinenbögen. Seinen Namen hat es von der alten Stadt Kolophon in
Libyen, wo besonders gutes Kiefernharz gewonnen wurde. Es wird heute durch
Destillation der Kiefernbalsame hergestellt. Die Destillationsrückstände
werde solnage erhitzt, bis alles Wasser verdampft ist und eine harzige
Masse übrigbleibt. Früher wurde die Rinde mit ihrem Harz kleingeraspelt
oder in Form von Pulver verwendet.
Tannenharz
Canadabalsam
Die Tanne war für unsere keltischen und germanischen Vorfahren ein
Schutzbaum, der vor dem krankmachenden Einfluss dämonischer Kräfte
schützte. Noch heute dient ein Tannenbaum in der christlichen Welt
als Symbol für Licht und Leben. Hildegard von Bingen schrieb vor
800 Jahren in ihrer Naturheilkunde: "Die Tanne ist mehr warm als kalt
und enthält viele Kräfte. Sie ist ein Sinnbild der Stärke.
Geister hassen Tannenholz und vermeiden Orte, an denen sich solches befindet."
Tannenharz hat einen balsamisch-grünen Duft, es reinigt und verbessert
die Luft. Tanneräucherungen stärken die Nerven, machen kräftig,
mutig und psychisch widerstandsfähig. Man räuchert damit in
Krankenzimmern, um die Kraft zur Gesundung des Patienten zu stärken.
Die Tanne ist auch eine typische Schutzräucherung. Dabei sollten
wir die hilfreichen höheren Mächte um ihren Schutz bitten und
um uns ein Schutzschild voll gleißendem Licht visualisieren.
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